Archiv des Autors: Julia Hey

Mai 2024: Projekt CareStu? Balancierung von Studium und Pflege – Erstellung des Projektberichts

Pflegebelastungen und Handlungsempfehlungen zur Unterstützung von Studierenden der Georg-August-Universität Göttingen

Die praktische Durchführung und Datenerhebung des Forschungsprojekts „CareStu – Balancierung von Studium und Pflege“ an der Georg-August-Universität Göttingen ist seit Januar 2024 abgeschlossen. Aktuell befindet sich das Projekt in der Endphase und der Fokus liegt auf der Erstellung des Projektberichts.

  • Pflegeverantwortung für erwachsene Angehörige (+ ggf. kombiniert mit zusätzlicher Sorge für Kinder) tragen 225 Personen, ≈ 6,6 %
  • Sorgearbeit für Kinder (+ ggf. kombiniert mit zusätzlicher Pflege von erwachsenen Angehörigen) leisten 219 Studierende, ≈ 6,4 %
  • Somit leisten in irgendeiner Form Care-Arbeit (Pflege für erwachsene Angehörige und/oder Sorgeverantwortung für Kinder) leisten 400 Studierende der Stichprobe, ≈ 11,70 %
  • Keine Pflege-/Sorgeverantwortung (mehr) tragen 3.017 Befragte, ≈ 88,3 %

Mit 3.149 vollständigen Fragebögen ergibt sich eine Rücklauf von circa 11,8 % von 26.658 Studierender der Georg-August-Universität Göttingen, die zur Teilnahme eingeladen wurden. Es wird vermutet, dass einige Studierende sich nicht mit der Thematik identifizieren oder sich nicht als Pflege-/Sorgeperson wahrnehmen, obwohl im Sinne der informellen Pflege Tätigkeiten verrichtete werden. Personen mit Pflegeverantwortung für erwachsene Angehörige und/oder Sorgeverantwortung für Kinder könnten zudem aufgrund der vielseitigen Mehrfachbelastungen nicht an der Umfrage teilgenommen haben.

Die Interviews weisen darauf hin, dass pflegende Studierende bestehende Vereinbarkeitsmaßnahmen oder Beratungsmöglichkeiten zum Themenfeld „Studium und Pflege“ als intransparent kommuniziert empfinden. Wenn Möglichkeiten und Strategien zur Vereinbarkeit von Studium und Pflege genannt wurden, konnten diese überwiegend in individuellem Engagement verortet werden. Studierende sehen Potenzial im Ausbau von Vereinbarkeitsmaßnahmen und deren Kommunikation seitens der Hochschule. Ein besonderes Augenmerk liegt auf hybriden bzw. digitalen Möglichkeiten zur Teilnahme an Veranstaltungen und einem flexibilisiertem Umgang mit Anwesenheit und Prüfungsgegebenheiten.

Veröffentlichung des BAWIP-Projektberichts!

Pflegebelastungen des wissenschaftlichen Personal der Georg-August-Universität Göttingen: Neue Einblicke und Handlungsempfehlungen

Im Projekt BAWIP wurden qualitative Interviews mit betroffenem Hochschulpersonal (N=16) und eine quantitative Online-Erhebung (N=967) im Mixed-Methods-Forschungsdesign kombiniert. Die Datenerhebungen fanden 2022 statt und geben einen tiefen Einblick in die Situation und Bedarfe des wissenschaftlichen Personals.

49% der Befragten tragen eine Form der Pflege-/Sorgeverantwortung, wobei 16% sich gleichzeitig um erwachsene Angehörige oder Kinder und Angehörige kümmern. Insgesamt haben 53% der Befragten bereits direkte Erfahrungen mit Pflege- und Sorgeverantwortung. Der mental load durch die Pflege eingeschätzt wird als besondere Herausforderung genannt, wobei sich auch statistisch signfikante Geschlechterunterschiede identifizieren lassen: Frauen geben einen höheren mental load aufgrund der Pflege an als Männer.

    Die Interviewergebnisse verdeutlichen eine gesteigerte Wahrnehmung der Relevanz von Pflege- bzw. Sorgeverantwortung. Dennoch wird in den Interviews eine Diskrepanz zwischen grundsätzlicher Offenheit und konkreten Handlungen von Vorgesetzten bestehen. Bestehende Maßnahmen scheinen sich tendenziell eher auf die Sorge um Kinder zu konzentrieren. Die Relevanz von Vereinbarkeit wird je nach Statusgruppe auch unterschiedlich wahrgenommen: Insbesondere im Mittelbau wird die Umsetzbarkeit von Vereinbarkeit als karriereentscheidend wahrgenommen.

    Als zentrale Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Wissenschaft und Pflege werden die Einrichtung einer zentralen Stelle für Information, Beratung und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sowie die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort und die Transformation der Arbeitskultur vorgeschlagen.

    Link zum Projektbericht:

    https://doi.org/10.57683/EPUB-2637

    Folgeprojekt: CareStu? Balancierung von Studium und Pflege

    Update November 2023: Die quantitative Online-Befragung von Studierenden der Universität Göttingen ist abgeschlossen. Es gibt eine Rücklaufquote von mindestens 10% der aktuellen Studierenden der Universität Göttingen. Genauere Datenanalyse findet noch statt, aber folgendes kann festgehalten werden:

    Von den Teilnehmenden geben 5 % an, Pflegeverantwortung für erwachsene Angehörige zu tragen. Für Kinder sorgen ebenfalls 5 % der Befragten. 1 % der Antwortenden hat gleichzeitig Care-Verantwortung für mindestens eine pflegebedürftige Person und Kind(er). Weitere 4 % hatten in der Vergangenheit eine entsprechende Care-Verantwortung.

    Aktueller Stand: Aktuell werden qualitative Interviews mit Studierenden durchgeführt, die im Zuge der Online-Umfrage Interesse daran geäußert haben.

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    Hintergrund

    Das vorliegende Forschungsprojekt, das von der Georg-August-Universität zu Göttingen in Auftrag gegeben wurde, stellt ein Folgeprojekt dar. In Nachfolge des Projekts BaWiP, in dessen Rahmen die Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Tätigkeit und Pflege-/Sorgeverantwortung für Kinder und/oder erwachsene Angehörige untersucht wurde, konzentriert sich die Nachfolgestudie auf die Belastungen und Bedürfnisse von Studierenden, die Pflege- oder Sorgeverantwortung für Angehörige übernehmen. Dies geschieht mittels quantitativer und qualitativer Forschungsmethoden. Der Fokus liegt hierbei auf der Vereinbarkeit von Studium und Pflege-/Sorgeverantwortung, was bisher kaum untersucht wurde (vgl. Mindermann et al., 2021). Angehörige werden hierbei nicht im rechtlichen Sinne definiert, sondern umfassen alle Personen, gegenüber denen sich eine Verantwortlichkeit empfunden wird, wie zum Beispiel Kinder, Geschwister, Eltern, Großeltern oder Freunde. Die Dringlichkeit einer Bestandsaufnahme und Bedarfserhebung ist besonders durch die aktuelle Situation begründet, in der ca. 4,4 bis 5,4 Millionen Menschen in Deutschland Unterstützungsbedarf haben und sich die Anzahl von Pflege- und Sorgebedürftigen in Zukunft voraussichtlich weiter erhöhen wird. Es ist somit wahrscheinlich, dass immer mehr junge Erwachsene und Studierende während des Studiums Pflege- und Sorgeverantwortung übernehmen müssen. „Young carers“ und Pflege-/Sorgetragende aus der „Sandwich Generation“ werden in den kommenden Jahren verstärkt Studium und Pflege-/Sorgeverantwortung balancieren müssen. Der Bericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von deutschen Studierenden aus dem Jahr 2017 zeigt zudem, dass rund 5% aller Studienabbrüche auf eine Mehrfachbelastung durch die Pflege-/Sorgeverantwortung von Angehörigen zurückzuführen sind (Middendorf et al./BMBF, 2017). Neben prekären Arbeitsverhältnissen stehen insbesondere Hochschulen vor besonderen Herausforderungen bei der Unterstützung dieser Studierenden, die in diesem Projekt untersucht werden sollen. Es handelt sich um eine der ersten groß angelegten Studien zu diesem Thema.

    Fragestellung und Ziel

    Das von der Georg-August-Universität zu Göttingen in Auftrag gegebene Forschungsprojekt zielt darauf ab, die Belastungen und Bedürfnisse von Studierenden mit Pflege-/Sorgeverantwortung für Angehörige (Kinder und/oder erwachsene Angehörige) zu untersuchen und die Auswirkungen auf deren Studium sowie deren individuelles körperliches und psychisches Wohlbefinden zu analysieren.

    Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse sollen bedarfsorientierte Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Studium und Pflege-/Sorgeverantwortung entwickelt werden, um die Chancengleichheit von Studierenden mit Pflege-/Sorgeverantwortung zu fördern.

    Methodik

    Das Forschungsprojekt verwendet einen Mixed-Methods-Ansatz, der eine Kombination aus quantitativer und qualitativer Erhebung umfasst. Eine Online-Umfrage wird durchgeführt, um Studierende zu befragen, die Pflege-/Sorgeverantwortung für Angehörige übernehmen. Zusätzlich werden qualitative Interviews durchgeführt, um die Erfahrungen und Einschätzungen der Studierenden zu erfassen. Auch bereits vorhandenes Material der Georg-August-Universität Göttingen wird in Materialanalysen einbezogen. Die Studie folgt einem gendersensiblen und studienverlaufs- und lebenslauforientierten Vorgehen. In einer intersektionalen Analyse werden verschiedene Differenz-Kategorien berücksichtigt und zu unterschiedlichen Pflege-/Sorgesituationen, Belastungskonstellationen und subjektiver Zufriedenheit mit der Pflege-/Sorgesituation in Beziehung gesetzt.

    Laufzeit

    Das Projekt hat eine Mindestlaufzeit von 6 Monaten (04/23 – 10/23).

    Literatur:

    Mindermann, Nele/Schattschneider, Ralf/Busch, Susanne (2021). Studieren mit Pflegeverantwortung? In: Prävention und Gesundheitsförderung 16 (3), 225–233. https://doi.org/10.1007/s11553-020-00813-w.